Gedanken von Dr. Noppeney

Gedanken zur Wildtierfotografie von Dr. Noppeney:

 

 

J ä g e r    u n d    T i e r p h o t o g r a p h

„Jagderfolg“ ist Beiden wichtig.

1.      Tiere gehören zu den bevorzugten Photomotiven. Sie konkurrieren mit Stars aus Sport und Kultur. Nur Urlaubphotos, die wirklich Schönes festhalten, könnten ihnen den 1. Rang streitig machen.

2.      Tiere haben es den Menschen schon immer „irgendwie angetan“.

Erinnert sei beispielsweise an Höhlenzeichnungen, die vor 10.000 Jahren oder noch früher entstanden sind. Gerade wegen der sie zeigenden Tiere sind sie nach wie vor „Geheimnis umwoben“.

Die Wissenschaft gesteht, viele Fragen um ihre Entstehung und Bedeutung nicht eindeutig beantworten zu können.

So sind die Deutungsversuche zahlreich, zuweilen ein wenig spekulativ.

  • Einige meinen, die Höhlenbilder könne man mit einem religiösen Hintergrund verbinden; sie seien als Mittler zwischen der hiesigen und der jenseitigen Welt gedacht.
  • Höhlenzeichnungen bilden Tiere in ritueller und religiöser Beschwörung des lebenswichtigen Jagderfolges ab; darin sind sie sicherlich auch Ausdruck des großen Respektes vor den Mitgeschöpfen.
  • Andere vertreten die Auffassung, in ihnen eine Symbolsprache, konkret Hinweise auf Tier-Wanderwege entdecken zu können.
  • Der Autor dieser Zeilen kann sich am ehesten der These öffnen, dass sich in den Höhlenzeichnungen Begegnungen mit frei bzw. wild lebenden Tieren widerspiegeln. – Wäre dem tatsächlich so, müsst man bereits den eiszeitlichen Menschen Begabung zusprechen, Gesehenes auch malerisch zu vermitteln.

Im Laufe der Jahre dürften sich die in Rede stehenden bildlichen Wiedergaben qualitätsmäßig ständig verbessert haben; die Tiere wurden mit typischer Körperhaltung gemalt bzw. in die Felswände geritzt.

3.      Auch in der mittelalterlichen Malerei nahmen Tiere einen festen Platz ein. Lebend und gelegentlich auch tot mussten sie zur Dokumentation von Lebenskultur herhalten. Festzuhalten verdient aber auch, dass Tiere immer wieder als „treue Wegbegleiter“ dargestellt wurden.

4.      Zu Begin der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erfahren Tiere gesteigerte Aufmerksamkeit in der Wissenschaft:

„Brehms Tierleben“ erscheint zwischen 1864 und 1869. – Mit 13 Bänden (!) erschien die 4. Auflage zwischen 1911 und 1918.

Größtes Erstauen fand in jüngster Zeit, dass der Tiere Genom bis zu nahezu

98 % dem des Menschen entspricht. Dies mag denn auch der Menschen Tierliebe ein wenig erklären.

Im Kontext hierzu sollte nicht mehr erstaunen, dass nun verstärkt von „Tier-Würde“ gesprochen wird oder von der „Verantwortung der Menschen für Tiere als ihre Mitgeschöpfe“.

Für Deutschlands Tiere besteht ein Schutzgesetz. Die hier umschriebene rechtliche Position der Tiere ist zwar „noch“ relativ vage formuliert. – Vielleicht geschah dies in der Absicht, „peu a peu“ per Ausführungsverordnungen Vorbehalte abzubauen bzw. mehr Aufgeschlossenheit für tierische Belange zu bewirken.

Die anhaltende Forderung nach besseren Lebensbedingungen für Tiere scheint derzeit darauf hinauslaufen zu sollen, sie als „Mitglieder der Gesellschaft“ anzuerkennen. Damit erlangten sie denn auch eine „menschenrechtsnahe Position“.

Auch diese Rechtsfortentwicklung könnte im Bereich des Möglichen liegen:  Frei- bzw. wildlebenden Tieren wird das „Recht auf Leben“ zugesprochen. – Dächte man diese Entwicklung zu Ende, müssten Menschen konsequenterweise ihre Ernährungsweise grundlegend ändern, sich im Zweifel an ein Leben als Vegetarier gewöhnen.

Neben aller Bereitschaft, diesen Entwicklungsprozessen aufgeschlossen zu begegnen, scheint auch nüchternes Denken angezeigt, was beispielsweise dazu führen sollte, dass man sich die Lebensweise der Tiere noch mal genau anschaut und mit den Erfahrungen früherer Jahre reflektiert. – Gefordert wären Fakten, tunlichst auch solche, die u. a. auf Tieraufnahmen basieren.

5.      Speziell mit Bildern, die Menschen subtilere Zugänge zur Natur eröffnen, haben Medien eine Marktnische entdeckt und damit Erkenntniswege geöffnet, die zum Weiter- und zum kritischen zu Ende Denken der Geschehnisse in unserer Umwelt einladen: Speziell die hier der Öffentlichkeit präsentierten Bild-Dokumente bewegen sich in aller Regel auf hohem Niveau, so dass man zuweilen geneigt ist, ihnen das Testat „künstlerisch wertvoll“ zu verleihen.

Der Wert dieser Tier-Präsentation äußert sich auch häufig darin, dass man glauben könnte, aus tierischen Gesichtern seelische Strukturen herauslesen zu können. Es vermag beispielsweise zu faszinieren, mit welchem „Adel“ sich Alttiere inmitten eines Rudels präsentieren; anders formuliert: „Tierpersönlichkeit“ zeigen.

Weil in aller Regel nicht möglich ist, sich Tieren in freier Wildbahn auf wenige Meter zu nähern, eröffnet das Photographieren – insbesondere mit Teleobjektiv –  Möglichkeiten, Tier-Gesichter auf Distanz, dafür aber auch  „unverfälscht“ aufzunehmen. – Fühlen Tiere sich nicht bedrängt, so geben sie sich natürlich, also so, wie man es beispielsweise gerne bei Menschen anträfe, die „portraitiert“ werden möchten. Beim Photographieren zeigen letztere sich jedoch oftmals verklemmt, zuweilen gar verängstigt. – Wie angenehm wäre es also, wenn in Anlehnung an Tiere die fast vorwurfsvolle Frage von Menschen unterbliebe: „Was muss ich noch machen, damit ich so bin, wie man mich haben möchte?!“

Tiere haben den streitlosen Vorzug, zumindest wegen ihres Aussehens keine Hemmung zu haben, was denn auch ein Grund dafür sein könnte, sie sympathisch zu finden.

6.      Tierphotographen dürfte es nützen, wenn sie über umfängliches Tier-Wissen verfügten, über deren Lebensweise, insbesondere über Art und Ausmaß ihres Sozialverhaltens.

–        Jagdlich vorgebildete Menschen sollten insoweit über günstige Voraussetzungen verfügen. Sie gehören nämlich zu denjenigen, die, wenn sie „in Ausübung ihres Handwerks“ erfolgreich sein wollen, alle ihre Sinne einsetzen. So könnte der Katalog der an sie zu richtenden Forderungen bereits mit der banal scheinenden Frage nach ihrer Fähigkeit beginnen, zwischen „gutem“ und „schlechtem Wind“ unterscheiden und dementsprechend eine Einsatzstrategie entwickeln zu können.

–        Auch ruhige Hände sollten einem Tierphotographen eigen sein – gerade mit Blick auf sich bewegende Tiere und hier wiederum speziell solche, die dem Flugwild zugerechnet werden. Nicht selten wird das Reaktionsvermögen eines Skeet-Schützen verlangt, wenn man „das im Fokus befindliche Objekt“ nicht „ungetroffen davon streichen“ sehen möchte.

– Sehr zustatten kommen dürfte Tierphotographen, wenn sie Erfahrungen mit Handwaffen haben, bei denen der Schussabgabe etliche „Ziel führende Überlegungen“ voraufgehen.

–        Auch dies sollte bedacht sein: Wer schon als Jäger nicht lautlos zu pirschen gelernt hat, um das Wild nicht schon beim Angehen zu „vergrämen“, wird auch als Photograph – selbst im Besitz einer professionellen Photoausstattung –  „nicht erfolgreich zu Schuss kommen“.

–        Schließlich gilt es, beim Betätigen des Bildauslösers ein Gespür für den richtigen Augenblick zu entwickeln: Beispielsweise eine Bache mit ihren Frischlingen photographisch zu bannen, kann Minuten langes Warten erfordern; und scheint der richtige Moment gekommen, kann er sich schon nach einem Wimpernschlag verflüchtigt haben. – Der „erfahrene Sau-Jäger“ weiß, dass Frischlinge Nähe zur Bache suchen, so dass es extrem schwierig sein kann, eine  Rotte so zu „packen“, dass man jedes ihrer Mitglieder in voller Größe gleichzeitig erfasst, was aber wiederum gewünscht ist, um verlässlich einschätzen zu können, wie es um die Entwicklung der einzelnen Abkömmlinge bestellt ist.

Wer die hier skizzierten Regeln beachtet, kann gleichwohl eines Photoerfolges  nicht sicher sein. Selbst stundenlanges Warten und Ausharren im Wald kann sich als Fehlschlag erweisen.

Hoffentlich mag dann zu trösten, Zeuge bezaubernden Morgenlichtes geworden zu sein oder einer Farbskala, die auf eine Leinwand zu projizieren nur selten gelingen dürfte.

7.      Der Unterzeichner kann erfreut feststellen, dass er über 50 Jahre jagdlich aktiv war. In dieser Zeit waren ihm immer wieder Gelegenheiten geboten, vorrangig Niederwild kennen zu lernen. Damwild und Rotwild nahmen erst später einen breiteren Raum ein, wobei letztgenannte Spezies ihn am häufigsten zum Ansitzen animiert haben mag.

8.      Heute findet er es reizvoll, „themenbezogen zu photographieren“. Was ist hierunter zu verstehen? – Was bestimmt einen Menschen überhaupt zum Photographieren?

  • Im ersten Schritt sollte gedanklich zu klären versucht werden, ob das, was sich zum Festhalten anbietet, des Photographierens wert ist.
  • Es schließt sich die Frage an, wie man mit dem voraus gedachten Bilddokument auch die Aufmerksamkeit Dritter finden kann.
  • Spannend wird es, wenn zu definieren versucht wird, wie der Photograph eine Identifikation mit seinen Aufnahmen hinbekommen könnte.

Mit diesen Überlegungen dürfte man intellektuell nahe bei den Menschen sein, die in den letzten Jahren – insbesondere in der Werbung und in den Medien – „Bild getragene Botschaften“ entwickelt und diesen zu mehr Aufmerksamkeit verholfen haben.

Man belässt es dort nicht mehr bei Texten, sondern fügt Bilder hinzu, um über sie umfänglicher zu informieren, im Zweifel auch emotionale Schwingungen auszulösen: Um beispielsweise über einen Flugzeugabsturz zu berichten, belässt man es nicht bei einem verbalen Bericht, zusätzlich müssen Bilder die Unfallstelle, Trümmerteile oder Hilfstrupps beim Bergen zeigen.

Diese Verknüpfung liegt auch dem „themenbezogenen Photographieren“ zugrunde. Allerdings: Es sollen hier „in erster Linie Bilder“ gezeigt werden, denen (tunlichst anspruchsvolle) Texte folgen. – Letztlich soll ihr Zusammenwirken das Bedürfnis nach Mehr-Wissen auslösen.

Bezogen auf Tierbilder wäre es also optimal, wenn „der sowohl Bildbetrachter als auch Textleser“ zu größtmöglicher Aufmerksamkeit aktiviert  würde, auch eigene Recherchen anzustellen, um sich letztlich „ein eigenes Bild zu machen“.

9.      Wie ist der Autor zum „themenbezogenen Photographieren“ gekommen?  

–        Glückliche Umstände vermittelten ihm Kenntnisse über neu gebaute Schwarzstorch-Horste. Über deren Bewohner hatte er bis dahin nur spärliches Wissen. Alsbald hat er sich Literatur zu dieser Vogelart besorgt und mit Experten überlegt, wie man sich die Lebensart dieser Spezies erschließen könne.

„Conditio sine qua non“ war, bei allen sich anbietenden Aktivitäten große Distanz zu den Horsten bzw. zu den brütenden und Brut pflegenden  Schwarzstörchen zu wahren. – So gelang es ihm, auf einem gegenüberliegenden Hang eine zum Photographieren günstige Position („Einflugschneise“, Sonnenstand, Anpirschen am frühen Morgen usw.) ausfindig zu machen. Mit Hilfe eines Teleobjektivs konnte er sich von hier „Bilder verschaffen“ über das Leben und Treiben in dem etwa 100 m entfernt befindlichen Nest.

Am Ende der Aufzucht der Jungvögel, also Anfang August, freute ihn, ein vertrautes Verhältnis zu den Schwarzstörchen begründet zu haben.

Er konnte es kaum abwarten, „seine Schwarzstörche“ im April des Folgejahres als Rückkehrer aus ostafrikanischen Gebieten wieder begrüßen zu können.

Die Bilder zu diesen Vögeln sind nicht in einer „photographischen Schatzkammer“ verschwunden. Sie wurden den in Frage kommenden Behörden zur Verfügung gestellt, damit auch ihnen korrekte Beweise zur „Schwarzstorch-Ansiedlung nördlich des Mains“ vorliegen.

–        Ein weiteres Beispiel für „themenbezogenes Photographieren“ verbindet sich mit der Idee, über drei Jahre hinweg Rotwildbewegungen in einem bestimmten Bezirk zu registrieren.

–        Derzeit beteiligt sich der Autor an der Beantwortung der Frage, wie viel  Rotwild auf einer definierten Fläche vertretbar ist, so dass eine Schädigung bestehender Waldkulturen vermieden werden kann. – Natürlich gibt es zur Erhellung der sich hiermit verbindenden Probleme umfänglichen Fachverstand, mit dem also zu beurteilen möglich sein müsste, wie ein ausgeglichenes Verhältnis von Wald und Wildbestand zu bewerkstelligen bzw. dauerhaft zu halten ist.

Zugegeben: Der Tierphotograph vermag mit seinen „Bild getragenen Erkenntnissen“ nur eingeschränkt Ziel führenden Empfehlungen zugeben.

Allerdings: Seine „visualisierten Protokolle“ vermögen zu emotionsloseren Diskussionsrunden beizutragen, an deren Ende eine Annäherung der Standpunkte, wenn nicht gar Anregungen zu  naturverträglichen Regelungen deduzierbar sein sollten.

10.    Vieles von dem, was von „waidgerechten Jägern“ erwartet wird, ist auch Tierphotographen abzuverlangen, zumal letztere sich zu Nutzen machen, was an Verhaltensweisen, Methoden und Regeln in Jägerkreisen entwickelt wurde. – Es sollte daher auf freiwilliger Basis möglich sein, dass auch Tier- bzw. Wildphotographen sich jagdethischem Verhalten verpflichtet sehen – auch wenn sie „nur mit der Kamera den Tieren nachstellen“.

Ansitzen und Pirschen sind beiden Gruppen wichtige Methoden bei der Ausübung ihres „Handwerks“. – Kluge „Photoschützen“ werden das Ansitzen bevorzugen, das Wild also im Zweifel an sich herankommen lassen. – Dies sollte denn auch bewirken, dass sich die Tiere nicht bedrängt fühlen, sich also letztlich anhaltend natürlich geben.

Zum Aufzeigen einer letzten Parallele, also nicht allein zum Schmunzeln, sei festgehalten, dass sowohl Jäger als auch Tierphotographen „an Jagdfieber zu  erkranken vermögen“.

Diese Neigung sollte eine gute Ausgangsbasis bilden zur wechselseitigen Tröstung, wenn mal ein Schuss verrissen oder eine Bild verwackelt wurde.

Schließlich:

„Jagderfolg“ ist beiden wichtig,

wenn ihre Liebe zur Natur

anhalten und Nachahmung finden soll.

Dr. Hanns G. Noppeney, Juli 2014

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